Keramik und Porzellan – vielseitige Werkstoffe mit langer Tradition
Schon vor Jahrtausenden verstanden es die Menschen, Keramik herzustellen. Die ersten Produzenten von keramischen Gefäßen waren halb-sesshafte Jäger am oberen Nil. Die Nutzung der Keramik verbreitete sich sehr schnell. Denn ihr praktischer Nutzen war auch für die Menschen der Jungsteinzeit unübersehbar. Mit Gefäßen aus Keramik wurde es möglich, Nahrung zu lagern. Bald fertigte man nicht nur Nutzgefäße, sondern erkannte schnell, dass Ton auch die Möglichkeit zur künstlerischen Gestaltung bot.
Heute setzt man Keramik sehr vielfältig ein. Die überkommene Verwendung als Gefäß für Nahrung behielt sie bei. Doch inzwischen ist sie als Fliese auch Baustoff oder findet als Sanitärkeramik in unseren Bädern Platz. Ihre große Festigkeit und Säurebeständigkeit macht sie aber auch in der Industrie zu einem vielseitig einsetzbaren Werkstoff. Porzellan ist übrigens eine Sonderform der Keramik.
Keramik besteht aus anorganischen, feinkörnigen Rohstoffen, die mit Wasser zu einer Masse geknetet werden können. Bei Raumtemperatur kann man diese Masse zu Gefäßen formen, die später bei mindestens 900°C gebrannt werden. Die so entstehenden Werkstücke sind hart und dauerhaft, aber zerbrechlich. Durch den Brand und auch durch Glasuren werden sie mindestens wasser- wenn nicht sogar säurebeständig.
Im Grunde sind Keramik und Porzellan gebrannter Ton
Die Unterscheidung der keramischen Produkte nach ihren Inhaltsstoffen, wie man es von Metall-Legierungen kennt, ist nicht möglich. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, zu fließend die Übergänge. Eindeutig dagegen ist die Unterscheidung in Grob- und Fein-Keramik. Grobe Keramik ist relativ dickwandig, hat eine zufällige Färbung und eine weniger gleichmäßige Oberfläche. Sie wird hauptsächlich als Baumaterial eingesetzt, zum Beispiel als Dachpfanne oder Abwasserrohr.
Fein-Keramik dagegen ist dünnwandiger, ebenmäßiger und von eindeutig bestimmter Farbe. Bei der Herstellung der feineren Variante muss wesentlich sorgfältiger gearbeitet werden als bei der Grob-Keramik. Entscheidend für das Endergebnis ist die Art und Menge der enthaltenen Kristalle und die beim Brennen entstehenden Verglasungen, die die Keramik letztlich zusammenhalten.
Ein wichtiges Zentrum der Keramikherstellung war und ist der Westerwald. Die reichen Tonvorkommen machten es schon den Menschen in der Jungsteinzeit leicht, Gefäße aus Keramik herzustellen. Bis ins 16. Jahrhundert hinein stellten die Westerwälder Töpfer nur einfaches Geschirr her. Doch kurz vor 1600 entwickelten sie künstlerische Techniken. Im 18. Jahrhundert waren Krüge aus Keramik das wichtigste Produkt der Steinguttöpfer. Denn landesherrliche Brunnenverwaltungen verkauften Mineralwasser im Versandhandel und hatten deshalb großen Bedarf.
Anfang des 19. Jahrhunderts konnte man feineres Steinzeug maschinell fertigen. Das war hartes Brot für die handwerklich arbeitenden Keramik-Hersteller. Das traditionelle verzierte Steinzeug wurde durch das aufkommende Porzellan verdrängt, da es in den oberen Bevölkerungsschichten als schick galt. Steinzeug war nach wie vor bei den weniger gut Betuchten an der Tagesordnung, aber nicht als künstlerische, reich verzierte, sondern als schmucklose Gebrauchsware. Mehr und mehr gingen die anspruchsvollen Techniken unter, da sie nicht mehr angewandt wurden.
Porzellan – ein gut gehütetes Geheimnis
Porzellan galt unter Adligen schon länger als schick. Ursprünglich kam es aus China, wo seine Herstellung lange Zeit geheim gehalten wurde. Seine exotische Herkunft und seine feine Gestalt machten das Porzellan zu einem begehrten Kunstgegenstand. Marco Polo importierte zuerst Porzellan nach Europa. Lange Zeit versuchte man erfolglos, den Hersellungsprozess zu ergründen.
Erst Anfang des 18. Jahrhunderts gelang es in Sachsen, das erste deutsche Porzellan herzustellen. Die erste Porzellanmanufaktur gab es ab 1710 in Meißen, wo noch heute Porzellan von Weltruf produziert wird. Fast 50 Jahre lang konnten die Meißner das Geheimnis der Herstellung von Porzellan bewahren. Das sicherte ihnen einen enormen Wettbewerbsvorteil.
Porzellan und Keramik haben heute beide einen festen Platz in unserem Alltag. Sie finden sich als Tassen oder Becher auf unserem Frühstückstisch oder als Waschbecken in unseren Bädern. Inzwischen gibt es Messer aus Keramik, die als besonders scharf gelten oder wir tragen sie als Zahnersatz aus Porzellan ständig bei uns. Sicher werden noch einige weitere Einsatzgebiete zu den klassischen Domänen von Keramik und Porzellan dazu kommen.
Und auch wenn Porzellan nur eine besondere Art von Keramik ist, so unterscheiden sie sich dennoch voneinander. Porzellan wird bei wesentlich höheren Temperaturen gebrannt. Das Steingut, wie die Feinkeramik auch genannt wird, ist wesentlich poröser. Die Glasur ist auf die Keramik lediglich aufgebrannt, beim Porzellan dagegen fest mit dem Grundstoff verbunden. So ist Porzellan wesentlich unempflindlicher gegen Absplittern. Man unterscheidet Porzellan und Keramik ganz einfach durch die Transparenz: Porzellan lässt das Licht durchscheinen, Keramik nicht.